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Bundesgerichtshof: Abgabe von Rx-Arzneimitteln ohne Rezept ist wettbewerbswidrig

12.01.2015

Mit Datum vom 08.01.2015 hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass die Abgabe eines verschreibungspflichtigen Arzneimittels durch einen Apotheker ohne Vorlage eines Rezepts wettbewerbsrechtlich unzulässig ist. Damit endete eine wettbewerbsrechtliche Auseinandersetzung zweier Apotheker aus Baden-Württemberg.

Der Apotheker hatte von einer Kollegin u.a. die Abgabe einer Unterlassungserklärung und Schadener-satz gefordert, da sie ein verschreibungspflichtiges Arzneimittel ohne Rezept abgegeben hatte. Die Apo-thekerin beteuerte, den Hausarzt der Patientin nicht erreicht und sich daher telefonisch bei einer befreundeten Ärztin rückversichert zu haben.

Im Mittelpunkt des Verfahrens stand die Frage, ob durch die Abgabe eines Arzneimittels ohne Vorlage einer ärztlichen Verordnung die Interessen von Marktteilnehmern so spürbar beeinträchtigt sind, dass ein wettbewerbsrechtliches Vorgehen möglich ist. Das OLG Stuttgart hatte dies noch verneint, da es sich nach seiner Beurteilung nur um einen einmaligen Gesetzesverstoß gehandelt habe, der aufgrund der damaligen besonderen Situation, insbesondere wegen eines geringen Verschuldens der Beklagten, nicht geeignet gewesen sei, Verbraucherinteressen spürbar zu beeinträchtigen.

Diese Entscheidung hat der BGH nun mit der Begründung aufgehoben, dass die Verschreibungspflicht nach § 48 Arzneimittelgesetz dem Schutz der Patienten vor Fehlmedikationen diene und damit gesund-heitlichen Zwecken. „Durch Verstöße gegen das Marktverhalten regelnde Vorschriften, die den Schutz der Gesundheit der Bevölkerung bezwecken, werden die Verbraucherinteressen nach ständiger Recht-sprechung des Bundesgerichtshofs stets spürbar beeinträchtigt“, so der BGH.

Die Beklagte war auch nicht aufgrund der besonderen Umstände des Streitfalls gemäß § 4 Arzneimittel-verschreibungsverordnung ausnahmsweise zur Abgabe des Arzneimittels ohne Rezept berechtigt. Danach kann ein Arzt einen Apotheker in geeigneter Weise, insbesondere fernmündlich, über die Ver-schreibung und deren Inhalt unterrichten, wenn die Anwendung eines verschreibungspflichtigen Arznei-mittels keinen Aufschub erlaubt, solange das Rezept  unverzüglich nachgereicht wird. Diese Ausnahme greift nur dann, wenn der behandelnde Arzt – und nur dieser – die Abgabe aufgrund eigener vorheriger Diagnose mündlich erlaubt. Vorliegend fehlte es an der erforderlichen Therapieentscheidung, da die Patientin der telefonisch kontaktierten Ärztin fremd war. Auch bestand zum Zeitpunkt des Besuchs der Apotheke keine akute Gesundheitsgefährdung, sodass es der Patientin zuzumuten war, den ärztlichen Notdienst aufzusuchen.

Die Entscheidung verdeutlicht, dass die Abgabe von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln ohne Vorlage eines Rezepts nicht nur als Verstoß gegen die Kernpflichten des Apothekers straf- und berufsrechtlich geahndet, sondern auch im Rahmen eines wettbewerbsrechtlichen Vorgehens von Kollegen aufgegriffen werden kann.

Download der Entscheidung   

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