Erneutes Verbot für die Empfehlung der Versandapotheke DocMorris

Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Urteil vom 13.03.2008 (Az. BVerwG 3 C 27.07) die Entscheidung des OVG Nordrhein-Westfalen vom 7. November 2006 bestätigt, wonach ein Bestell- und Abholservice für Arzneimittel in Filialen der Drogeriemarktkette dm in Zusammenarbeit mit der Europa-Apotheek, Venlo, weder arzneimittel- noch apothekenrechtlich zu beanstanden sei.

Das Gericht hat ausgeführt, daß die Auslieferung bestellter Waren durch Übergabe an den Kunden in einer Abholstation inzwischen eine verbreitete Form des Versandhandels sei. Die Konstruktion von dm in Kooperation mit der Europa-Apotheek werde daher durch den Versandhandelsbegriff des Arzneimittelgesetzes gedeckt.

Die Schutzziele des Apotheken- und Arzneimittelrechts stünden der Einbeziehung dieses Vertriebsweges in den Versandhandel mit Arzneimitteln nicht entgegen. Insbesondere sei die Arzneimittelsicherheit nicht mehr gefährdet, als beim klassischen Versandhandel mit direkter Zustellung an den Endverbraucher. Allerdings müsse sich der Beitrag des Drogeriemarktes auf logistische Leistungen beschränken. Keinesfalls dürfte der Eindruck erweckt werden, die Arzneimittel würden vom Drogeriemarkt selbst abgegeben, dieser sei also Vertragspartner des Kunden, so das Gericht. Auch eine Werbung, die diesen Eindruck vermittle, sei unzulässig.

Allerdings betrifft nach Auffassung des Gerichts das Verbot der Einrichtung von Rezeptsammelstellen nach § 24 Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) ohne Erlaubnis nicht das Einsammeln von Medikamentenbestellungen im Rahmen des Versandhandels mit Arzneimitteln:
„Diese Regelung ist für die Entgegennahme von Arzneimittelbestellungen im Versandhandel nicht einschlägig. Sie geht von der räumlichen Bindung der Arzneimittelabgabe an die Apotheke aus. Fehlt sie wie beim Versandhandel, so ist die daran anknüpfende Bestimmung nicht anzuwenden. Sammelbesteller sind seit jeher ein typisches Element des Versandhandels. Wenn der Gesetzgeber daher den Versandhandel mit Arzneimitteln zuläßt, so umfasst dies auch die Möglichkeit, Bestellungen einzusammeln und gebündelt an die Versandapotheke zu übersenden“, so die Begründung des Gerichts.

Wir gehen allerdings nach wie vor davon aus, dass auch eine Versandhandelserlaubnis nicht dazu berechtigt, solche Kooperationen mit Ärzten und Angehörigen der Gesundheitsberufe zu vereinbaren. Dem steht nach wie vor das Zuweisungsverbot nach § 11 Apothekengesetz entgegen.

Für Apotheken, die über keine Versandhandelserlaubnis verfügen, gilt die Regelung des § 24 ApBetrO zu den Rezeptsammelstellen nach wie vor unverändert fort.

Das Gericht hat in seinen Urteilsgründen einer Einschränkung des Versandhandels auf die Versandform der Individualzustellung, wie sie von manchem Politiker ins Feld geführt wurde, eine klare Absage erteilt:
„Insgesamt rechtfertigen die Gründe die den Gesetzgeber bewogen haben, den Arzneimittelversand zuzulassen, keine Einschränkung auf die Versandform der Individualzustellung. Dabei ist zu berücksichtigen, dass eine solche Einschränkung einen Eingriff in das grundgesetzlich verbürgte Recht der Berufsfreiheit darstellen würde (Art. 12 Abs.1 GG)[...]."

Für die Landesapothekerkammer bedeutet Qualität und Sicherheit in der Arzneimittelversorgung, dass der Patient das für ihn richtige Arzneimittel in der richtigen Menge und Dosierung zur richtigen Zeit am richtigen Ort zusammen mit den für ihn wichtigen Informationen persönlich erhält. dm und sein Versandpartner erfüllen diese Anforderungen unseres Erachtens ebensowenig wie die anderen Supermärkte oder neuerdings auch die Post.

Das Urteil beschreibt konsequent die Folgen des mit der Einführung des Versandhandels eingetretenen Systembruchs: Der Gesetzgeber hat damit bewusst die Inanspruchnahme der Beratung durch den Apotheker in die freie Entscheidung des Patienten gestellt. Daraus resultiert auch die Beliebigkeit des Ortes der Arzneimittelübergabe.

Das gerichtliche Verfahren ist mit dieser Entscheidung rechtskräftig abgeschlossen. Jetzt sind Politik und Gesetzgeber gefordert, Farbe zu bekennen. Rechtliche Möglichkeiten hätten sie.

„Deshalb fordern wir den Gesetzgeber erneut auf, endlich auch die Rechtsprechung des europäischen Gerichtshofs zu berücksichtigen und den Versandhandel mindestens für verschreibungspflichtige Arzneimittel wieder auf das europarechtlich zulässige Maß zurückzuführen“, so Präsident Dr. Hanke.

Denn der Europäische Gerichtshof stellte bereits im Jahre 2003 fest, dass Versandhandel mit rezeptpflichtigen Arzneimitteln aus Gründen des Patientenschutzes im Rahmen nationaler Gesetzgebungskompetenz verboten werden kann.

Dafür kämpfen wir.

Download:

Das Urteil im Original
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