Überblick über die Rechtsprechung zum grenzüberschreitenden Versandhandel mit Arzneimitteln

Länderliste und gilt deutsches Recht beim Arzneimittel-Versand auch für ausländische Versandapotheken?


20.05.2008

1. Länderliste

Zur Erinnerung:
Das Kammergericht Berlin (KG) hatte in einer ersten Entscheidung am 09.11.2004 festgestellt, dass im niederländischen Recht kein dem deutschen Arzneimittel-Versandhandelsrecht für Apotheken vergleichbarer Standard gewährleistet sei. Insbesondere bestehe in den Niederlanden keine Verpflichtung zum Betrieb einer Präsenzapotheke. Die Voraussetzungen für den Arzneimittel-Versand aus den Niederlanden in die Bundesrepublik Deutschland lägen somit nicht vor, so die Richter.

Am 16.06.2005 veröffentlichte das Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung die so genannte „Länderliste“. Danach wurde dem Vereinigten Königreich Großbritannien und den Niederlanden (letzteren allerdings unter der einschränkenden Voraussetzung, dass dort durch die Versandapotheke auch eine Präsenzapotheke betrieben wird) ein dem deutschen Recht vergleichbarer Standard bescheinigt und der Versand von Arzneimitteln nach Deutschland somit für zulässig erklärt.

Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 20.12.2007
Der BGH hat durch Urteil vom 20.12.2007 im Revisionsverfahren das Urteil des KG vom 09.11.2004 aufgehoben und den Fall zur weiteren Verhandlung und Entscheidung an das KG zurückverwiesen. Es habe bei seiner damaligen Entscheidung einen zu strengen Maßstab angelegt. Für die Vergleichbarkeit des deutschen und niederländischen Rechts sei nicht allein auf die geschriebene Gesetzeslage abzustellen, sondern die „jeweilige Rechtslage im Blick auf die tatsächlich bestehenden Sicherheitsstandards“ maßgeblich. Das KG wird also nochmals zu entscheiden haben und sich dabei an der Länderliste orientieren müssen. Ob DocMorris eine Präsenzapotheke betrieben habe, sei nach niederländischem Recht zu prüfen, so der BGH.

Im davon unabhängigen, noch parallel anhängigen Revisionsverfahren gegen das Urteil des Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt vom 28.06.2007 (wir berichteten in Cosmas 4/2007, S. 22), das festgestellt hatte, dass DocMorris lediglich einen rudimentären Präsenzbetrieb führe, der gerade noch den Anforderungen des deutschen Rechts genüge, steht die Entscheidung des BGH noch aus.


2. Gilt deutsches Recht beim Arzneimittel-Versand auch für ausländische Versandapotheken?

Es geht insbesondere um die Frage, ob die Arzneimittelpreisverordnung und die Zuzahlungsregelungen nach dem Sozialgesetzbuch V durch die ausländischen Versandapotheken zu berücksichtigen sind, wenn sie Arzneimittel nach Deutschland versenden. Sind die deutschen Rechtsvorgaben beim Arzneimittel-Versand durch ausländische Apotheken nach Deutschland nicht maßgeblich, so sind deutsche Apotheken – welche schließlich an das deutsche Recht gebunden sind – einem ungleichen Wettbewerb ausgesetzt. Die Gewährung von Rabatten auf verschreibungspflichtige Arzneimittel ist für deutsche Apotheken unzulässig, wäre für ausländische Apotheken jedoch möglich; eine unhaltbare Situation.

Seit dem Urteil des OLG Hamm vom 21.09.2004, das hinsichtlich des Arzneimittel-Versands durch die niederländische Apotheke DocMorris der Auffassung ist, die deutschen Regelungen seien nicht zu berücksichtigen, sind etliche entsprechende Praktiken ausländischer Versandapotheken zu beobachten.
Entgegen der Ansicht des OLG Hamm waren jedoch einige Landgerichte (LG Hamburg, Urteil vom 17.08.2006; LG Saarbrücken, Urteil vom 31.01.2007; LG Berlin, Urteil vom 28.08.2007) der Meinung, die Vorgaben des deutschen Gesetzgebers seien zu beachten.
In diesem Sinne entschied am 29.11.2007 auch das OLG Frankfurt gegen die niederländische Europa-Apotheek, Venlo, welche die Abgabe von Boni auf verschreibungspflichtige Arzneimittel beworben hatte. Damit liegt nun auch eine Entscheidung eines Oberlandesgerichts vor, welche bestätigt, dass auch ausländische Versender die Vorgaben der AMPreisV zu beachten haben.
Es ist angesichts der Zulassung der Revision davon aus zugehen, dass sich der BGH mit der Frage befassen wird.