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Das Berufsgericht der Landesapothekerkammer

15.08.2013

Gegenstand eines berufsgerichtlichen Verfahrens ist stets eine sog. „berufsunwürdige Handlung“, die gegen die Pflichten verstößt, die einem Mitglied der Kammer zur Wahrung des Ansehens seines Berufs obliegen. Diese Pflichten sind in der Berufsordnung geregelt.

1. Einleitung eines berufsrechtlichen Verfahrens

Das Verfahren wird beispielsweise durch den Eingang einer Anzeige, die eine solche Handlung zum Gegenstand hat, in Gang gesetzt. Geht bei der Landesapothekerkammer eine Anzeige ein, wird die Anzeige an den Kammeranwalt weitergeleitet. Der Kammeranwalt wird von der Landesapothekerkammer bestellt und besitzt die Befähigung zum Richteramt oder zum höheren Verwaltungsdienst. Er führt die Ermittlungen und vertritt die berufsgerichtliche Klage im Verfahren vor den Berufsgerichten. Für die Landesapothekerkammer Baden-Württemberg sind vier Kammeranwälte tätig.

Der Regelfall ist jedoch, dass sich im Rahmen eines Beschwerdeverfahrens gegen ein Mitglied der Verdacht erhärtet, gegen die Berufsordnung verstoßen zu haben. Solche Beschwerden werden überwiegend von Patienten und Apothekern aber auch von Ärzten und Angehörigen erhoben. Nach Anhörung des Betroffenen und entsprechender Beschlussfassung durch den Vorstand der Landesapothekerkammer wird auch ein solcher Vorgang an den Kammeranwalt übergeben.

Darüber hinaus entscheidet der Vorstand über die Einleitung eines berufsrechtlichen Verfahrens, wenn die Kammer von den Aufsichts- oder Strafverfolgungsbehörden von einem rechtskräftig abgeschlossenen Ordnungswidrigkeiten- oder Strafverfahren Kenntnis erlangt.

2. Ermittlungsverfahren

Der Kammeranwalt erforscht daraufhin den Sachverhalt zur Entschließung, ob die berufsrechtliche Klage zu erheben ist. Er ermittelt dabei nicht nur die belastenden, sondern auch die entlastenden und die für die Strafbemessung bedeutsamen Umstände und erhebt entsprechende Beweise. Im Rahmen des Ermittlungsverfahrens wird der Beschuldigte zu den ihm zur Last gelegten Handlungen angehört. 

Der Beschuldigte kann sich des Beistands eines Rechtsanwalts oder eines Berufsangehörigen bedienen. Dem Beistand wird im Rahmen des kammeranwaltlichen Ermittlungsverfahrens dabei auch Einsicht in die Akten gemäß den Vorschriften der Strafprozessordnung gewährt. Eine Akteneinsicht im vorausgehenden Beschwerdeverfahren bei der LAK findet nicht statt.

3. Anklageerhebung

Bieten die Ermittlungen genügend Anlass für die Erhebung der berufsgerichtlichen Klage, so erhebt sie der Kammeranwalt durch Einreichung einer Anklage oder eines Antrags auf Durchführung eines nichtförmlichen Verfahrens. Konnte der Verdacht einer berufsunwürdigen Handlung nach Abschluss des Ermittlungsverfahrens dagegen nicht bestätigt werden, kann das Verfahren im Einvernehmen mit dem Kammervorstand eingestellt werden.

Ist keine schärfere Strafe als eine Verwarnung, ein Verweis oder eine Geldstrafe bis zu 150,- Euro zu erwarten, so kann der Kammeranwalt die Entscheidung im nichtförmlichen Verfahren beantragen, sofern nicht wegen der Schwierigkeit der Sach- oder Rechtslage oder wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Falles die Durchführung des förmlichen Verfahrens geboten erscheint. Der Kammeranwalt stellt den Antrag auf Durchführung des nichtförmlichen Verfahrens durch Einreichen der Antragsschrift bei Gericht. Der Vorsitzende des Berufsgericht übermittelt dem Beschuldigten daraufhin die Antragsschrift und vernimmt ihn zu den ihm zu Last gelegten Handlungen. Das Verfahren läuft vornehmlich schriftlich ab, allerdings kann der Beschuldigte allen Beweiserhebungen beiwohnen. Die Termine hierfür werden ihm rechtzeitig bekannt gegeben. Die Entscheidung wird anschließend durch einen schriftlich begründeten Bescheid getroffen.

4. Hauptverhandlung

Das förmliche berufsgerichtliche Verfahren dagegen wird durch die Erhebung einer Anklage durch den Kammeranwalt eingeleitet. Die Anklageschrift wird dem Beschuldigten mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung zugestellt. Der Vorsitzende des Gerichts verfügt die Eröffnung der Hauptverhandlung, wenn sich nach den Ergebnissen der Ermittlungen der Verdacht der berufsunwürdigen Handlung erhärtet hat. Bei der Hauptverhandlung sind alle zur Entscheidung berufenen Mitglieder des Gerichts, ein Schriftführer, der Kammeranwalt und der Beschuldigte, entweder persönlich oder durch seinen Rechtsbeistand vertreten, anwesend. Die Verhandlung findet unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.

Die Hauptverhandlung beginnt mit dem Aufruf der Zeugen und Sachverständigen. Hierauf wird in Abwesenheit der Zeugen die Entscheidung über die Verweisung zur Hauptverhandlung verlesen und der Beschuldigte vernommen. Daran schließt sich die Beweisaufnahme an. Wird eine eidliche Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen beantragt und vom Gericht für nötig gehalten, so nimmt sie der Vorsitzende des Gerichts vor, in den anderen Fällen werden Zeugen und Sachverständige uneidlich vernommen. Nach Schluss der Beweisaufnahme werden der Kammeranwalt sowie der Beschuldigte und sein Rechtsbeistand mit ihren Ausführungen und Anträgen gehört. Dem Beschuldigten gebührt das letzte Wort.

Am Schluss der Hauptverhandlung kommt es zur Urteilsfindung und zumeist auch gleich, oder spätestens nach einer Woche, zur Verkündung. Das Urteil wird vom Gericht nach seiner freien Überzeugung beschlossen und lautet entweder auf Verurteilung zu einer berufsgerichtlichen Strafe, auf Freispruch oder auf Einstellung des Verfahrens. Im Rahmen einer Verurteilung sind folgende berufsgerichtliche Maßnahmen denkbar:

•    Warnung
•    Verweis
•    Geldbuße bis € 50.000,-
•    Aberkennung der Mitgliedschaft in den Organen der Kammer und den Vertretungen und Ausschüssen der Untergliederungen
•    Aberkennung des Wahlrechts und der Wählbarkeit in die Organe der Kammer und die Vertretungen und Ausschüsse der Untergliederungen

5. Rechtsmittel

Gegen das Urteil des Berufsgerichts ist die Berufung an das Landesberufsgericht zulässig. Die Berufung muss innerhalb von zwei Wochen nach der schriftlichen Eröffnung der angefochtenen Entscheidung schriftlich beim Bezirksberufsgericht oder beim Landesberufsgericht eingereicht werden. Über die Berufung entscheidet das Landesberufsgericht nach mündlicher Verhandlung. Hält das Landesberufsgericht die Berufung für begründet, hebt sie das erstinstanzliche Urteil auf und entscheidet in der Sache selbst.

6. Kosten der Berufsgerichtsbarkeit

In der berufsgerichtlichen Entscheidung wird bestimmt, wer die Verfahrenskosten zu tragen hat. Die Kosten des Verfahrens bestehen aus den baren Auslagen und den Gebühren. Die Gebühren werden nach Maßgabe der Gebührenordnung erhoben. Die Höhe der Kosten setzt die Geschäftsstelle des Berufsgerichts fest.

Soweit der Beschuldigte verurteilt wird, sind ihm die Kosten aufzuerlegen. Im Verfahren in erster Instanz beträgt die Gebühr beispielsweise im Falle der Verurteilung zu einer Geldbuße 10% der Geldbuße, mindestens jedoch 700 €. Wird der Beschuldigte freigesprochen oder das Verfahren eingestellt, so wird keine Gebühr erhoben. Den sachlichen und persönlichen Aufwand für die Tätigkeit der Berufsgerichte trägt die Landesapothekerkammer.

7. Welche Konsequenzen hat eine berufsgerichtliche Verurteilung?

Abgesehen von den oben genannten Maßnahmen kann eine berufsgerichtliche Verurteilung u.a. Auswirkungen auf die Ermächtigung zur Weiterbildung haben. Denn gemäß § 6 Abs. 2 der Weiterbildungsordnung der Landesapothekerkammer Baden-Württemberg kann die Ermächtigung zur Weiterbildung nur dann erteilt werden, wenn der Apotheker bzw. die Apothekerin fachlich und persönlich geeignet ist. Eine berufsgerichtliche Verurteilung kann der fachlichen und persönlichen Eignung widersprechen. In schwerwiegenden Fällen kann auch eine bereits erteilte Ermächtigung widerrufen werden. Gleiches gilt für die Zulassung als Weiterbildungsstätte.

Auch im Rahmen der Beantragung einer Betriebserlaubnis wird die Landesapothekerkammer regelmäßig durch das für die Erteilung der Betriebserlaubnis zuständige Regierungspräsidium um Stellungnahme gebeten, ob in persönlicher oder fachlicher Hinsicht Umstände bekannt geworden sind, die der Erteilung der Betriebserlaubnis entgegenstehen könnten. Verurteilungen, die auf einem Verstoß gegen das Berufsrecht beruhen und die pharmazeutischen Kernbereiche betreffen, werden in diesem Zusammenhang der Aufsichtsbehörde mitgeteilt.

Rechtskräftige Entscheidungen der Berufsgerichte sind nach den Regeln der Berufsgerichtsordnung der Approbationsbehörde mitzuteilen. Verurteilungen wegen Arzneimittelabgabe durch nicht-pharmazeutisches Personal sind darüber hinaus nach Vorgabe des Sozialministeriums der Apothekenaufsicht mitzuteilen.

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