BGH-Entscheidung über die Zulässigkeit von Bonussystemen in Apotheken

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat nun auf die Verhandlung vom 15.04.2010 hin (wir berichteten in Cosmas 2/2010, S. 26) mit Urteil vom 09.09.2010 einen Verstoß gegen die arzneimittelrechtliche Preisbindung nicht nur dann als gegeben angesehen, wenn der Apotheker ein preisgebundenes Arzneimittel zu einem anderen als dem nach der Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) zu berechnenden Preis abgibt. Er hat einen solchen Verstoß vielmehr auch dann bejaht, wenn für das preisgebundene Medikament zwar der korrekte Preis angesetzt wird, dem Kunden aber gekoppelt mit dem Erwerb des Arzneimittels Vorteile gewährt werden, die den Erwerb für ihn wirtschaftlich günstiger erscheinen lassen (z.B. Preisnachlässe, Erstattung der Praxisgebühr, Gutscheine, Prämien).
Die insoweit einschlägigen Bestimmungen des Arzneimittelrechts sind neben § 7 Heilmittelwerbegesetz (HWG) anwendbar, da diese Vorschrift den Verbraucher vor unsachlichen Beeinflussungen schützen soll und daher einen anderen Zweck verfolgt als die arzneimittelrechtliche Preisregelung, die insbesondere die im öffentlichen Interesse gebotene flächendeckende und gleichmäßige Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln sicherstellen soll. Die Bestimmungen der § 78 Abs. 2 Satz 2 und 3, Abs. 3 Satz 1 Arzneimittelgesetz, § 1 Abs. 1 und 4, § 3 AMPreisV stellen auch allgemein wettbewerbsrechtliche Marktverhaltensregelungen i.S. des § 4 Nr. 11 Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb dar, weil sie dazu bestimmt sind, den (Preis-)Wettbewerb unter den Apotheken zu regeln. Das beanstandete Verhalten der Apotheker ist aber nur dann geeignet, die Interessen von Mitbewerbern und sonstigen Marktteilnehmern i.S. einer unlauteren geschäftlichen Handlung spürbar zu beeinträchtigen, wenn keine nach § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG zulässige Werbegabe vorliegt. Der BGH hat eine Werbegabe im Wert von einem Euro noch als zulässig angesehen, bei einer Werbegabe im Wert von fünf Euro dagegen eine spürbare Beeinträchtigung bejaht.

Es hat sich für die Bundesrichter außerdem die Frage gestellt, ob das deutsche Arzneimittelpreisrecht auch für im Wege des Versandhandels nach Deutschland eingeführte Arzneimittel gilt.
In dem zugrunde liegenden Fall hatte eine in den Niederlanden ansässige Apotheke im Wege des Internet-Versandhandels Medikamente für den deutschen Markt angeboten und mit einem Bonussystem geworben, nach welchem der Kunde beim Kauf verschreibungspflichtiger Medikamente auf Kassenrezept einen Bonus von 3% des Warenwerts, mindestens aber 2,50 € und höchstens 15 € pro verordneter Packung erhalten sollte. Der Bonus sollte unmittelbar mit dem Rechnungsbetrag oder im Rahmen einer künftigen Bestellung verrechnet werden.
Der mit der Angelegenheit befasste Senat des BGH möchte die Frage, ob das deutsche Arzneimittelpreisrecht auch für im Wege des Versandhandels nach Deutschland eingeführte Arzneimittel gilt, bejahen, sieht sich hieran aber durch eine Entscheidung des Bundessozialgerichts gehindert, welches in anderem Zusammenhang entschieden hat, dass das deutsche Arzneimittelpreisrecht für solche Arzneimittel nicht gilt.
Diese Frage wird deshalb dem Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes zur Entscheidung vorgelegt.
Wir halten Sie weiterhin auf dem Laufenden.